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Neujahrsempfang 2015

Neujahrsempfang 2015 im Oberlandesgericht Celle

"Neue Formen der Paralleljustiz, Zielvereinbarung und die Treffsicherheit
psychiatrischer Begutachtung geben Anlass zu Diskussionen"



CELLE. Am 9. Januar 2015 fand im historischen Plenarsaal des Oberlandesgerichts Celle (OLG) der traditionelle Neujahrsempfang statt. Wie in jedem Jahr bat die Richterschaft des OLG auch die Angehörigen des höheren Dienstes der Generalstaatsanwaltschaft, die pensionierten Kolleginnen und Kollegen beider Behörden, die Mitglieder des Advokatenvereins Celle sowie die Vorsitzenden der zahlreichen Anwaltsvereine im OLG-Bezirk hinzu.

Der Vorsitzende des beim Oberlandesgericht Celle eingerichteten Richterrats, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Dr. Andreas Scholz, warf einen Blick auf das Instrument der „Zielvereinbarung“. Hintergrund ist eine - erstmals für das Jahr 2015 - abgeschlossene Zielvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Justizministerium und dem Oberlandesgericht Celle, in der u.a.

  • die Reduzierung von langandauernden Zivilprozessen,
  • vermehrte Sicherheitskontrollen an den Eingängen der Gerichte,
  • die Erprobung sog. „Bürgerbüros“ bei den Amtsgerichten und
  • die Einstellung einer hauptamtlichen Gesundheitsmanagerin für die Bediensteten der Gerichte

als Schwerpunkte für die Arbeit im kommenden Jahr formuliert werden.

Scholz verweist darauf, dass dieses Instrument aus der Wirtschaft stamme, wo finanzielle Anreize für den Erfolgsfall und Sanktionen bei Zielverfehlung vorgesehen seien. Beides greife die Justiz nicht auf. Dies zeige, dass Zielvereinbarungen, wie sie in Wirtschaft und Industrie getroffen werden, in der Justiz ein Fremdkörper seien. Denn es sei vor allem Aufgabe der Gerichtspräsidien und der Dienstvorgesetzten, im Rahmen der Geschäftsverteilung die Zuweisung der Verfahren so zu ordnen, dass jeder Richter in der Lage ist, die ihm zugewiesenen Verfahren zeitlich angemessen zu fördern und zu erledigen.

Der Präsident des OLG, Dr. Peter Götz von Olenhusen, verwies zu Beginn seiner Ansprache darauf, dass sich in der Richterschaft des Bezirks viele Interessentinnen und Interessenten für eine Tätigkeit am OLG finden würden. Das spreche für die fachlich und persönlich gute Aufnahme der jungen Kollegenschaft im Oberlandesgericht und dürfe als großer Erfolg verbucht werden.

Im Anschluss zeigt sich Götz von Olenhusen nachdenklich, weil an verschiedenen Indizien ein Bedeutungsverlust für die Justiz ablesbar sei. So sei die Zahl der Zivilprozesse rückläufig und ganze Bereich der Streitschlichtung in Personenverkehrs-, Bank- und Versicherungsangelegenheiten würden in Abkehr von den staatlichen Gerichten bei Schlichtungsstellen „privatisiert“. Aktuell komme die EU-Streitschlichtungsrichtlinie hinzu, nach der ein flächendeckendes Netz von Verbraucherschlichtungsstellen eingerichtet werden muss, und zwar ersten Überlegungen zufolge außerhalb der Justiz. Und so nehme es nicht wunder, dass er am Rande einer Podiumsdiskussion in Brüssel von einem Teilnehmer mit den Worten beiseite genommen worden sei: „Wenn es so weiter geht, bleiben Ihnen in der staatlichen Justiz nur noch die Pudel, Katzen und Pferde“.

Um dem zu begegnen, sollte die Justiz ihre eigene Haltung zu ihrem Auftrag überprüfen und sich neue Dienstleistungsfelder erschließen. Um auf die EU-Richtlinie zur Verbraucherschlichtung zurückzukommen, habe das Oberlandesgericht Celle beispielsweise im Gesetzgebungsverfahren den Vorschlag unterbreitet, die Amtsgerichte als Verbraucherschlichtungsstellen einzurichten, deren Kompetenz auf diesem Sektor zu nutzen und damit zugleich die Präsenz der Justiz in der Fläche zu erhalten.

Im Übrigen habe die Justiz im vergangenen Jahr nicht nur viel berechtigte und seriöse Kritik, sondern auch polemische Äußerungen einstecken müssen. Die Gerichte müssten also etwas tun für ihre Reputation. Nach seiner Vorstellung sei mehr Aufklärung, mehr Präsenz positiver Nachrichten über Leistungen der Justiz in unserer Gesellschaft, sei ein verbessertes Marketing erforderlich, kurz: eine professionalisierte Pressearbeit. Hierzu wolle er im kommenden Jahr ein Konzept erarbeiten.

Zur Ansprache des Celler Generalstaatsanwalts Dr. Frank Lüttig liegt eine eigene Presseerklärung der Generalstaatsanwaltschaft Celle vor.

Der Vorsitzende des Celler Advokatenvereins, Rechtsanwalt Friedrich-Wilhelm Hindahl rief in Erinnerung, dass sich während der letzten 30 Jahre entscheidende Verbesserungen in der Justiz, beispielsweise deutlich kürzere Verfahrenslaufzeiten, stets durch eine neue Handhabung der Richter eingestellt hätten und dass keinesfalls immer gleich nach dem Gesetzgeber gerufen werden müsse. Die Richter sollten sich dieser Möglichkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung und bei der Verfahrensgestaltung bewusst sein und nicht - wie kürzlich in Berlin - geschehen - ein wichtiges Indiz nur deshalb übergehen, weil es in einem Schreiben in englischer Sprache vorlag.

Aus eigener Erfahrung berichtete er von einem Verfahren, in dem seine Mandantin bei ersichtlich unzureichender medizinisch-psychiatrischer Begutachtung in einem Krankenhaus mit geschlossener Abteilung untergebracht worden sei. Erst die Richter der zweiten Instanz hätten die Angaben des Gutachters hinterfragt und die Freilassung der Frau angeordnet. Hier mahnte Hindahl die fachlich-kritische Distanz der Richter zu medizinischen Sachverständigen insbesondere dann an, wenn sich die Beteiligten aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit gut kennen würden.

Sodann gab Präsident Dr. Götz von Olenhusen die personellen Veränderungen der Richterschaft des vergangenen Jahres bekannt.

Zwei langjährig erfahrene Richterpersönlichkeiten wurden im Jahre 2014 zu Vorsitzenden Richtern ernannt.

Herr Mathias Volker hat im Januar 2014 den Vorsitz im 10. Zivilsenat, einem Familiensenat, übernommen, der in zweiter Instanz ausschließlich Familien-Verfahren des Amtsgerichts Hannover, des mit Abstand größten niedersächsischen Familiengerichts, bearbeitet.

Frau Anette Apel ist seit Juni 2014 Vorsitzende des 8. Zivilsenats, der sämtliche Streitigkeiten des privaten Versicherungsrechts (private Krankenversicherung, Kfz-Haftplicht, Berufsunfähigkeit, Hausrat etc.) entscheidet.

Insgesamt sind im vergangenen Jahr neun neue Kolleginnen und Kollegen an das Oberlandesgericht Celle befördert worden.

Im Februar 2014 wurde Frau Dr. Meike Stock zur Richterin am Oberlandesgericht ernannt und dem 3. Zivilsenat, der u. a. für das Bank- und Anwaltshaftungsrecht zuständig ist, zugewiesen. Frau Dr. Stock war zuvor 2 Jahre lang Referentin im Niedersächsischen Justizministerium in Hannover und zuletzt als Richterin am Landgericht in Hannover tätig.

Ebenfalls im Februar 2014 wurde Herr Jörg Spamer zum Richter am Oberlandesgericht befördert. Er gehört seitdem dem 8. Zivilsenat an, dem - wie bereits erwähnt - Spezialsenat für das Versicherungsrecht.

Mit Wirkung zum 15. Juli 2014 wurde Frau Dr. Birgit Brüninghaus, als langjährige Vorsitzende Richterin vom Landgericht in Bückeburg kommend, zur Richterin am Oberlandesgericht ernannt. Sie ist nun in einem Zivilsenat tätig, der sich mit Bauprozessen und den Folgen von Verkehrsunfällen befasst.

Im Juli 2014 wurde ferner Frau Dr. Astrid Hillebrenner zur Richterin am Oberlandesgericht befördert. Sie ist gegenwärtig noch an das Niedersächsische Justizministerim abgeordnet, wo sie ein Referat in der Abteilung Strafrechtspflege leitet.

Hingegen wechselte Frau Elke Eimterbäumer - auch im Juli 2014 - in die umgekehrte Richtung vom Justizministerium nach Celle, wo sie seit ihrer Ernennung zur Richterin am Oberlandesgericht mit dem Arzthaftungsrecht betraut ist und also die Folgen von ärztlichen Kunstfehlern juristisch aufarbeitet.

Die sieben Celler Familiensenate, die mit sämtlichen Scheidungs-, Unterhalts- und Sorgerechtsverfahren zwischen Nordsee und Deister befasst sind, wurden im Jahre 2014 verstärkt durch Richter Dr. Martin Maaß, vom Amtsgericht Tostedt kommend, Frau Dr. Susanne Dornblüth, nach einer dreijährigen Abordnung an den Bundesgerichtshof aus Karlsruhe an die Aller wechselnd, und schließlich durch Frau Maren Wegmann - vormals Amtsgericht Bremervörde -, die sich im Moment in Elternzeit befindet.

Zuletzt erhielt Herr Dr. Georg Gebhardt im Dezember 2014 seine Ernennungsurkunde. Er war zuvor Geschäftsführer des 70. Deutschen Juristentages 2014 in Hannover und wird im hiesigen 11. Zivilsenat alle Fragen zum Reise-, Makler- und Handelsvertreterrecht beantworten.

Presse

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
RiOLG Rouven Dr. Seeberg, Pressesprecher

Oberlandesgericht Celle
Pressestelle
Schloßplatz 2
29221 Celle
Tel: 05141 206-777

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