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Eröffnung des Verfahrens gegen drei mutmaßliche Mitglieder der „Jabat al-Nusra“


CELLE. Das Oberlandesgericht Celle - 5. Strafsenat, Staatsschutzsenat - hat am 28. Februar 2018 das Hauptverfahren gegen drei Brüder syrischer Staatsangehörigkeit (Ahmed K. [51 Jahre], Sultan K. [45 Jahre] und Mustafa K. [42 Jahre]) eröffnet (5 StS - 1/18), denen die Bundesanwaltschaft vorwirft, sich im Zeitraum von November 2012 bis Juli 2013 in Ra´s
al-`Ain (Serê Kaniyê)/Syrien mitgliedschaftlich an der „Jabat al-Nusra“ (JaN) und damit an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt sowie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKG) verstoßen zu haben. Den beiden jüngeren der drei Angeklagten werden darüber hinaus Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) - hier: zwangsweise Verbringung von nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Personen in ein anderes Gebiet und Plünderung - vorgeworfen.

Die Angeklagten sollen sich spätestens im November 2012 in Syrien der JaN angeschlossen haben, die in der nordsyrischen Stadt Ra´s al-`Ain an bewaffneten Auseinandersetzungen gegen syrische Regierungstruppen beteiligt gewesen sein soll.

Die Angeklagten Ahmed K. und Sultan K. sollen u. a. die Finanzkraft der JaN durch die Veräußerung von Dieselkraftstoff bzw. Getreide, Brot und Pflanzenöl gestärkt und dadurch auch deren Ansehen erhöht haben. Der Angeklagte Mustafa K. soll sein Wohnhaus den Kämpfern der JaN als Stützpunkt zur Verfügung gestellt haben, auf dessen Dach mit seiner Billigung ein Scharfschützenposten errichtet gewesen sei. Die Angeklagten sollen außerdem mit einer Kalaschnikow bewaffnet Dienst an einem Kontrollposten der JaN verrichtet haben. Der Angeklagte Sultan K. soll des weiteren an Verhandlungen der JaN mit der kurdischen Volksverteidigungseinheit „Yekîneyên Parastina Gel“ (YPG), der kurdischen über eine Waffenruhe teilgenommen haben.

Der Angeklagte Ahmed K. soll ferner gemeinsam mit bewaffneten Kämpfern der JaN in seinem PKW Toyota Pickup, auf dessen Ladefläche ein drehbares Ständermaschinengewehr installiert gewesen sein soll, durch überwiegend von Kurden bewohnte Gebiete in Ra´s al-`Ain gefahren sein und die dort lebende kurdische Bevölkerung unter der Androhung, dass sie anderenfalls ermordet würden, aufgefordert haben, die Stadt zu verlassen.

Die Angeklagten Sultan K. und Mustafa K. sollen zudem an einer „Säuberungsaktion“ beteiligt gewesen sein und im November 2012 mit ca. 25 weiteren Kämpfern der JaN einen - später tot aufgefundenen - Beamten des Assad-Regimes festgenommen, dessen restliche Familie aus Ra´s al-`Ain vertrieben sowie Inventar aus dem Haus der Familie des Beamten ausgeräumt und der JaN überlassen haben.

Die Angeklagten wurden am 12. Juni 2017 aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs festgenommen und befinden sich seit dem 13. Juni 2017 in Untersuchungshaft.

Die Hauptverhandlung beginnt am 20. April 2018 um 10:00 Uhr.

Der Vorsitzende des 5. Strafsenats wird im Rahmen sitzungspolizeilicher Anordnungen auch solche betreffend die Akkreditierung von Medienvertretern treffen; über diese und die Fortsetzungstermine wird rechtzeitig vor Beginn der Hauptverhandlung weiter unterrichtet werden.

§ 129a Strafgesetzbuch (StGB) lautet auszugsweise:

Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches)

(…)

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

§ 129b StGB lautet auszugsweise

Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland (…)

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. (…)

§ 8 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) lautet auszugsweise:

Kriegsverbrechen gegen Personen

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

(…)

6. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,

(…) wird (…) in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren (…) bestraft.

§ 9 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) lautet auszugsweise:

Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(…)


§ 22a Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKG) lautet auszugsweise:

Sonstige Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

(…)

6. über Kriegswaffen sonst die tatsächliche Gewalt ausübt, ohne daß

a) der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach diesem
Gesetz beruht oder

b) eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a erstattet worden ist,

oder

(…).

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* Pflichtfeld
Presse

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.03.2018

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